Die BI Gegenwind Hirschberg zeigte sich auf ihrer jüngsten Zusammenkunft im Gasthaus „Zur Rose“ verwundert über eine Pressemeldung, nur in der ersten Kammlage an der Bergstraße/Odenwald Standorte für Windräder zu verbieten, dahinter in der 2. und 3. Reihe aber zuzulassen. Hierzu stellt die BI klar, dass der planende Nachbarschaftsverband Heidelberg-Mannheim keine Kammlagen in verschiedenen Reihen festgelegt habe, sondern die Konzentrationszonen 9 (Hohe Waid) und 10 (Zins) für 11 mögliche Windräder ausgewiesen hat, die bis zu 3 km in den Odenwald hineinreichen. Beide Zonen sind reine Waldgebiete in einem Landschaftsschutz- und Naherholungsgebiet. „Dort wollen wir ausnahmslos Windräder verhindern“, so die Kampfansage der Aktivisten.Und wie sie das erreichen will, wurde an diesem Abend auch untermauert durch einen Vortrag zu Artenschutz und Artenschutzrecht im Zusammenhang mit der Errichtung von Windkraftanlagen von Christopher Paton, Dipl. Umweltwissenschaftler bei der Fa. RIFCON GmbH in Hirschberg, die mit über 150 wissenschaftlichen Mitarbeitern – überwiegend Biologen – Umweltgutachten im In- und Ausland durchführt. Große Teile der Konzentrationszonen in Hirschberg und Schriesheim lägen in einem Landschaftsschutzgebiet, im Fauna-Flora-Habitat-Schutzgebiet „Odenwald bei Schriesheim“ und seien als Waldbiotop ausgewiesen, was die hohe ökologische Bedeutung des Gebietes unterstreiche. Die sogenannten FFH-Gebiete wurden aufgrund ihrer einmaligen Flora und Fauna im europäischen Schutzgebietssystem Natura 2000 besonders geschützt.
Im Bereich der Hohen Waid besteht Brutverdacht für den Rotmilan, der seit 2012 alljährlich über oder aus diesem Waldbereich beobachtet wird. Für 2016 darf man gespannt sein, ob die Vögel aus dem Winterquartier in Südwesteuropa wieder an die Bergstraße zurückkehren. Der Rotmilan sei als Windenergieanlagen-sensible Brutvogelart eingestuft. Zehn Prozent des Weltbestandes brüte in Baden-Württemberg; das Land trage eine besonders hohe Verantwortung für das Überleben dieser gefährdeten Vogelart, so der Referent. Der Bestand des Rotmilans hat bundesweit seit 1988 um 35% abgenommen; Windenergieanlagen gelten als eine der Hauptursachen. Als weitere WEA-sensible Vogelarten gelten Uhu und Wanderfalken in den Steinbrüchen von Weinheim und Dossenheim. Beide hätten dort den Status als Brutvogel. Der Wanderfalke brütet zudem auch im Steinbruch Schriesheim. Mit einem Streifgebiet von 20 km² falle der Uhu in das besagte Gebiet in Hirschberg. Bei diesen windkraftgeschützten Vogelarten gebe es strenge Vorschriften für den Abstand der Windräder zu den Fortpflanzungsstätten: 1000 bis 3000 m je nach Vogelart. Obwohl nicht auf der „Roten Liste“ seien in dem Planungsbereich Mäusebussarde und Turmfalken anzutreffen, die ebenfalls leicht zum Opfer von Anlagen werden können. Ein aktiver Turmfalkenhorst befinde sich am oberen Endweg in Leutershausen.
Der jährliche Kranichzug entlang der Bergstraße und ziehende Milane seien hierzu bekannte Beispiele für Windenergie-sensible Zugvogelarten. Die 200 m hohen Windräder würden zu einer Erhöhung von Vogelschlag führen. Eine Abschaltung der Anlagen zu Zugzeiten stelle die ohnehin zweifelhafte Wirtschaftlichkeit angesichts der geringen Windstärken im Gebiet zusätzlich in Frage. Die Anlockung von Vögeln durch nächtliche Beleuchtung der Anlagen führe zu weiteren Verlusten, warnte der Vortragende, und die Beleuchtung sei ab einer Höhe von 100 m vorgeschrieben.
Fledermäuse seien besonders anfällig gegenüber Windenergieanlagen in Wäldern. Die direkte Schädigung von Fledermäusen über Kollision aber auch indirekt über Barotrauma (Platzen der Lungen) sei die Folge. Man gehe von wenigstens zehn Fledermausarten in den betroffenen Waldgebieten der Konzentrationszonen 9 und 10 aus. Das Große Mausohr, von welchem eine große Wochenstube im Ortsgebiet von Leutershausen bekannt sei, werde als stark gefährdet auf der „Roten Liste“ von Baden-Württemberg geführt. Eine Reihe von Fledermausarten zieht aus Nordeuropa in südlich gelegene Winterquartiere. Diese Arten orientieren sich an linearen Landschaftsstrukturen wie der Bergstraße als die vordere Hügelkette und nutzen selbige als Zugkorridor. In den letzten Jahren wurden mehrfach kleine Schwärme von Fledermäusen zu Zugzeiten in der Dämmerung über der Bergstraße beobachtet. Eine Aufstellung von 150-200 m hohen Windrädern in den genannten Bereichen würde mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Kollisions- bzw. Barotraumatarate an durchziehenden Fledermäusen führen. Dies alles bedeute aus naturschutzfachlicher Sicht ein hohes Konfliktpotential für Investoren.
Für Februar 2016 ist eine Bürger-Informationsveranstaltung zur Windkraft an der Bergstraße geplant; Referenten werden zu verschiedenen Themenschwerpunkten mit anschließender Diskussion berichten. Ort und Zeitpunkt werden rechtzeitig bekannt gegeben.